Charakterentwicklung
Charakterentwicklung
Charakterentwicklung oder im Englischen auch character arc, also Charakterbogen (analog zum Spannungsbogen) genannt, ist ein wichtiger Bestandteil jedes guten Romans. Wie wichtig er jedoch auch immer sein mag, er wird von Autorinnen und Autoren oft vernachlässigt.
Da die Hauptfigur oft ein Alter Ego (also ein „anderes Ich“) der Autorin ist, fällt es vielen Autorinnen schwer, sich ihre Hauptfigur entwickeln zu lassen. Denn in gewisser Weise müssten sie sich dann ja während des Schreibens auch selbst entwickeln. Bei jeder Geschichte. Es ist verständlich, dass das nicht immer möglich oder auch nur gewünscht ist.
Eine Geschichte, bei der die Hauptfigur am Ende genauso dasteht wie am Anfang, hat jedoch meistens wenig Spannung. Wobei Spannung nichts mit der Spannung beispielsweise bei einem Krimi zu tun hat. Dort entsteht Spannung durch Äußerlichkeiten. Was ist wo, wann, wie passiert, durch wen und warum?
Das ist bei einem Roman, in dem es nicht um die Aufklärung eines Verbrechens geht, nebensächlich. Äußerlich muss noch nicht einmal etwas passieren, und doch kann innerhalb der Figur viel passieren.
Katjas Roman Die Frau meines Bruders ist dafür ein gutes Beispiel. Im größten Teil am Anfang passiert tatsächlich nicht viel, so gut wie gar nichts.
Äußerlich. Aber innerlich spielen sich lebensbedrohende Dramen ab.
Katjas Hauptfigur Mae wehrt sich allerdings sehr dagegen, sich dadurch verändern zu lassen. Sie hält weiterhin an ihrer Besessenheit bezüglich Anna fest, obwohl ihr als intelligentem Menschen schnell klargeworden sein sollte, dass Anna keine Liebe geben kann. Das, was Mae sich wünscht.
Ein Mensch wie Anna kann eventuell tatsächlich keine Entwicklung durchmachen, weil in ihrem Inneren zu viel zerrissen und durcheinander ist. Man könnte eventuell vermuten, dass Anna selbst Opfer eines Traumas ist, das sie vielleicht in ihrer Kindheit erlitten hat, und deshalb nur Sicherheit in dem ständigen Suchen nach neuen Bekanntschaften, neuen Erlebnissen findet. Dass sie vielleicht tatsächlich genauso wie Mae nach Liebe sucht, aber weder weiß, was das ist, noch sich darüber Gedanken macht, was sie anderen während dieser Suche antut.
Es könnte aber auch sein, dass Anna tatsächlich nicht weiß, was Liebe ist, weil ihr dafür der Draht fehlt. So etwas gibt es. Das ist angeboren. Und oftmals wird das noch dadurch zementiert, dass man in einer Familie aufwächst, die lieblos und gedankenlos ist, nur auf Äußerlichkeiten fixiert und auf die eigenen Bedürfnisse. Kinder von Alkoholikern oder sonstigen Süchtigen sind da oft schwer geschädigt.
Dazu wurde in dem ersten Teil von Katjas Roman, der hier für den LLP eingestellt wurde, nichts gesagt. Aber man kann vermuten, dass Anna keine Charakterentwicklung, keinen character arc, durchlaufen wird. Sie ist in ihrem Verhalten ziemlich festgefahren und wiederholt es immer wieder wie eine endlose Gebetsmühle, dreht sich im Kreis. Weil sie nicht anders kann.
Anders ist es jedoch für die Hauptfigur Mae. Für sie besteht eine Chance, sich während der Geschichte zu entwickeln. Von Anna weg zu Lissy hin. Mae muss während der Geschichte lernen, dass auch bei ihr irgendetwas nicht in Ordnung ist. Sonst hätte sie sich von Anna gar nicht angezogen gefühlt.
Lissy ist nur der Anlass, um Mae eine Chance für eine Charakterentwicklung zu geben. Mae kann diese Chance nutzen oder auch nicht. Sie kann sich weiterentwickeln oder in ihrem aussichtslosen Sehnen nach Anna verharren. Die Qualen, die Anna ihr zufügt – egal ob sie da ist oder nicht – können sich nicht einfach so in Luft auflösen. Mae muss sich mit sich selbst, mit den tiefsten Tiefen ihrer Psyche beschäftigen, um wie ein Phönix aus der Asche am Schluss als ein neuer Mensch aus diesen Qualen hervorzugehen, der mit jemand anderem als Anna glücklich werden kann.
Diese Art von Entwicklung ist praktisch in jedem Liebesroman vonnöten. Auch die Figur, die das Objekt der Liebe der Hauptfigur ist, macht eventuell eine Entwicklung durch. Von der abweisenden Geliebten zur liebevollen Geliebten wünschenswerterweise. Was mit Anna nicht funktioniert, weshalb dann Lissy als Figur eingeführt wird.
Oftmals konzentrieren sich Autorinnen jedoch mehr auf die Hauptfigur als eine feste Größe, die sich nicht ändert. Logischerweise muss sich dann die andere Figur ändern, um den Wünschen der Hauptfigur zu entsprechen. Oder die Hauptfigur sucht nach einem Love Interest, der sich ihr anpasst oder schon angepasst ist, damit die Hauptfigur sich nicht verändern muss, sondern weiter ihren eigenen Bedürfnissen entsprechend leben kann.
Auf diese Art entsteht dann wenig Konflikt oder Spannung, denn die andere Figur tut immer das, was die Hauptfigur will, ohne sich groß dagegen zu wehren.
Das hatten wir hier in der Beziehung von Toni und Fiona (aber auch in einigen anderen der eingereichten Romane hier). Toni versucht nicht, sich zu verändern und an Fiona anzupassen. Sie versucht vielmehr, Fiona ihren eigenen Wünschen anzupassen, ihr ihre eigenen Wünsche und Bedürfnisse aufzuzwingen.
Und da es ein Roman ist, wehrt Fiona sich kaum dagegen, sondern lädt Toni nach Kurzem sogar dazu ein, scheint es zu mögen. Was normalerweise vermutlich nicht passieren würde (außer die Fiona-Figur ist masochistisch veranlagt oder hat ihr ganzes Leben lang gelernt, sich unterzuordnen und andere über sich bestimmen zu lassen. So erscheint Fiona nicht direkt). Aber es ist ja ein Roman, und da ist das legitim. Dennoch wäre es trotzdem wünschenswert, wenn auch die Protagonistin in solchen Geschichten eine Charakterentwicklung durchmachen und etwas lernen würde. Dadurch würde die Geschichte spannender, weil sie dann mehr auf das Innenleben der Figuren als auf Äußerlichkeiten konzentriert ist.
Trotzdem hängt es immer noch davon ab, wie die Geschichte geschrieben ist. Wenn sie sich locker und flüssig lesen lässt, reicht das oft schon, um viele Leserinnen zu überzeugen. Auch wenn keine Charakterentwicklung stattfindet. Das ist bei einigen Romanen hier im LLP offensichtlich so, und das hat mich ein wenig überrascht. Denn für mich ist die Charakterentwicklung das Entscheidende. Dadurch wird für mich eine Geschichte erst interessant.
Viele Leserinnen haben diesen Anspruch aber anscheinend gar nicht, und auch das ist etwas, das man akzeptieren muss. Bei einem Unterhaltungsroman zählt in erster Linie der Unterhaltungswert. Er muss nicht unbedingt tiefgründig sein.
Da die Hauptfigur oft ein Alter Ego (also ein „anderes Ich“) der Autorin ist, fällt es vielen Autorinnen schwer, sich ihre Hauptfigur entwickeln zu lassen. Denn in gewisser Weise müssten sie sich dann ja während des Schreibens auch selbst entwickeln. Bei jeder Geschichte. Es ist verständlich, dass das nicht immer möglich oder auch nur gewünscht ist.
Eine Geschichte, bei der die Hauptfigur am Ende genauso dasteht wie am Anfang, hat jedoch meistens wenig Spannung. Wobei Spannung nichts mit der Spannung beispielsweise bei einem Krimi zu tun hat. Dort entsteht Spannung durch Äußerlichkeiten. Was ist wo, wann, wie passiert, durch wen und warum?
Das ist bei einem Roman, in dem es nicht um die Aufklärung eines Verbrechens geht, nebensächlich. Äußerlich muss noch nicht einmal etwas passieren, und doch kann innerhalb der Figur viel passieren.
Katjas Roman Die Frau meines Bruders ist dafür ein gutes Beispiel. Im größten Teil am Anfang passiert tatsächlich nicht viel, so gut wie gar nichts.
Äußerlich. Aber innerlich spielen sich lebensbedrohende Dramen ab.
Katjas Hauptfigur Mae wehrt sich allerdings sehr dagegen, sich dadurch verändern zu lassen. Sie hält weiterhin an ihrer Besessenheit bezüglich Anna fest, obwohl ihr als intelligentem Menschen schnell klargeworden sein sollte, dass Anna keine Liebe geben kann. Das, was Mae sich wünscht.
Ein Mensch wie Anna kann eventuell tatsächlich keine Entwicklung durchmachen, weil in ihrem Inneren zu viel zerrissen und durcheinander ist. Man könnte eventuell vermuten, dass Anna selbst Opfer eines Traumas ist, das sie vielleicht in ihrer Kindheit erlitten hat, und deshalb nur Sicherheit in dem ständigen Suchen nach neuen Bekanntschaften, neuen Erlebnissen findet. Dass sie vielleicht tatsächlich genauso wie Mae nach Liebe sucht, aber weder weiß, was das ist, noch sich darüber Gedanken macht, was sie anderen während dieser Suche antut.
Es könnte aber auch sein, dass Anna tatsächlich nicht weiß, was Liebe ist, weil ihr dafür der Draht fehlt. So etwas gibt es. Das ist angeboren. Und oftmals wird das noch dadurch zementiert, dass man in einer Familie aufwächst, die lieblos und gedankenlos ist, nur auf Äußerlichkeiten fixiert und auf die eigenen Bedürfnisse. Kinder von Alkoholikern oder sonstigen Süchtigen sind da oft schwer geschädigt.
Dazu wurde in dem ersten Teil von Katjas Roman, der hier für den LLP eingestellt wurde, nichts gesagt. Aber man kann vermuten, dass Anna keine Charakterentwicklung, keinen character arc, durchlaufen wird. Sie ist in ihrem Verhalten ziemlich festgefahren und wiederholt es immer wieder wie eine endlose Gebetsmühle, dreht sich im Kreis. Weil sie nicht anders kann.
Anders ist es jedoch für die Hauptfigur Mae. Für sie besteht eine Chance, sich während der Geschichte zu entwickeln. Von Anna weg zu Lissy hin. Mae muss während der Geschichte lernen, dass auch bei ihr irgendetwas nicht in Ordnung ist. Sonst hätte sie sich von Anna gar nicht angezogen gefühlt.
Lissy ist nur der Anlass, um Mae eine Chance für eine Charakterentwicklung zu geben. Mae kann diese Chance nutzen oder auch nicht. Sie kann sich weiterentwickeln oder in ihrem aussichtslosen Sehnen nach Anna verharren. Die Qualen, die Anna ihr zufügt – egal ob sie da ist oder nicht – können sich nicht einfach so in Luft auflösen. Mae muss sich mit sich selbst, mit den tiefsten Tiefen ihrer Psyche beschäftigen, um wie ein Phönix aus der Asche am Schluss als ein neuer Mensch aus diesen Qualen hervorzugehen, der mit jemand anderem als Anna glücklich werden kann.
Diese Art von Entwicklung ist praktisch in jedem Liebesroman vonnöten. Auch die Figur, die das Objekt der Liebe der Hauptfigur ist, macht eventuell eine Entwicklung durch. Von der abweisenden Geliebten zur liebevollen Geliebten wünschenswerterweise. Was mit Anna nicht funktioniert, weshalb dann Lissy als Figur eingeführt wird.
Oftmals konzentrieren sich Autorinnen jedoch mehr auf die Hauptfigur als eine feste Größe, die sich nicht ändert. Logischerweise muss sich dann die andere Figur ändern, um den Wünschen der Hauptfigur zu entsprechen. Oder die Hauptfigur sucht nach einem Love Interest, der sich ihr anpasst oder schon angepasst ist, damit die Hauptfigur sich nicht verändern muss, sondern weiter ihren eigenen Bedürfnissen entsprechend leben kann.
Auf diese Art entsteht dann wenig Konflikt oder Spannung, denn die andere Figur tut immer das, was die Hauptfigur will, ohne sich groß dagegen zu wehren.
Das hatten wir hier in der Beziehung von Toni und Fiona (aber auch in einigen anderen der eingereichten Romane hier). Toni versucht nicht, sich zu verändern und an Fiona anzupassen. Sie versucht vielmehr, Fiona ihren eigenen Wünschen anzupassen, ihr ihre eigenen Wünsche und Bedürfnisse aufzuzwingen.
Und da es ein Roman ist, wehrt Fiona sich kaum dagegen, sondern lädt Toni nach Kurzem sogar dazu ein, scheint es zu mögen. Was normalerweise vermutlich nicht passieren würde (außer die Fiona-Figur ist masochistisch veranlagt oder hat ihr ganzes Leben lang gelernt, sich unterzuordnen und andere über sich bestimmen zu lassen. So erscheint Fiona nicht direkt). Aber es ist ja ein Roman, und da ist das legitim. Dennoch wäre es trotzdem wünschenswert, wenn auch die Protagonistin in solchen Geschichten eine Charakterentwicklung durchmachen und etwas lernen würde. Dadurch würde die Geschichte spannender, weil sie dann mehr auf das Innenleben der Figuren als auf Äußerlichkeiten konzentriert ist.
Trotzdem hängt es immer noch davon ab, wie die Geschichte geschrieben ist. Wenn sie sich locker und flüssig lesen lässt, reicht das oft schon, um viele Leserinnen zu überzeugen. Auch wenn keine Charakterentwicklung stattfindet. Das ist bei einigen Romanen hier im LLP offensichtlich so, und das hat mich ein wenig überrascht. Denn für mich ist die Charakterentwicklung das Entscheidende. Dadurch wird für mich eine Geschichte erst interessant.
Viele Leserinnen haben diesen Anspruch aber anscheinend gar nicht, und auch das ist etwas, das man akzeptieren muss. Bei einem Unterhaltungsroman zählt in erster Linie der Unterhaltungswert. Er muss nicht unbedingt tiefgründig sein.
Re: Charakterentwicklung
Das widerspricht aber jetzt ein wenig dem, was Du eben in dem anderen Thread gesagt hast. Da sagtest Du, Du möchtest jetzt anspruchsvollere Romane. Also eher tiefgründige. Welche Art von Handwerk sollen wir Autorinnen denn da jetzt anwenden? Gar nicht mehr das, was Du im Schreibforum gelehrt hast?
Ich bin da jetzt gerade ein bisschen verwirrt, muss ich sagen. Bitte um Aufklärung.
Ich bin da jetzt gerade ein bisschen verwirrt, muss ich sagen. Bitte um Aufklärung.
Re: Charakterentwicklung
Doch ein anspruchsvollerer Roman hat auf jeden Fall eine überzeugendere Charakterentwicklung. Das würde ich schon so sagen. „Flache“ Romane, wie sie heute so üblich sind, haben meistens überhaupt keine. Die Hauptfigur ist am Ende genauso eine selbstverliebte Zicke wie am Anfang. Da findet keine Entwicklung zu einem besseren, mitfühlenden, vernünftigeren, tiefgründigeren oder überhaupt sympathischen Menschen statt. Weil die Autorinnen wahrscheinlich der Meinung sind, dass ihre zickigen „Heldinnen“ sympathisch sind. Weil sie vermutlich – so traurig das auch ist – selbst so sind. Und viele Leserinnen auch, weshalb sie solche Bücher dann kaufen.Ruth hat geschrieben: ↑Montag 15. November 2021, 12:28Theoretisch müsste man ja erst einmal definieren, was ein „anspruchsvoller“ bzw. ein „nicht so anspruchsvoller“ Roman ist. Da ändert sich oft auch der Zeitgeist. Was früher als anspruchsvoll galt, erscheint heute oft nicht mehr so. Und umgekehrt.
Wenn man seine Figur eine Charakterentwicklung durchmachen lassen will, muss man selbst wissen, was Empathie ist, was Mitgefühl ist, muss seine eigenen Interessen einmal hinter die Interessen der anderen Person stellen können und nicht nur an sich selbst denken. Wenn eine Autorin das nicht kann, in ihrem Alltag nicht tut, wird es ihre Hauptfigur auch nicht tun. Keine ihrer Figuren wahrscheinlich. Außer eventuell eine Figur, die die Hauptfigur sich gefügig machen will. Die muss sich dann so verändern, dass sie das zulässt, damit die Hauptfigur und die Autorin zufrieden ist.
Das ist aber nicht die Art von Charakterentwicklung, die ich meine. Ich meine eine echte Charakterentwicklung, während der die Hauptfigur vor allem ihre eigenen Fehler erkennt und sich selbst zu verändern versucht, ein besserer Mensch zu werden versucht. Auch sieht, dass ihre Probleme zum Teil in ihr selbst liegen und nicht in der anderen Person.
Re: Charakterentwicklung
Charakterentwicklung ist eine wirklich schwierige Sache, finde ich. Vor allem, wenn eine Figur dann auch noch gleich zu Anfang sympathisch sein soll. Denn beispielsweise bei Steffis Roman wurde ja kritisiert, dass Cat am Anfang so cool ist und sie nichts zu berühren scheint. Dass sie tatsächlich fast unsympathisch erscheint, zumindest aber recht menschenfeindlich, einzelgängerisch.
Das gibt ihr doch einen großartigen Ausgangspunkt für eine Entwicklung, oder nicht? Wenn sie gleich nett und freundlich wäre, wohin soll sie sich dann entwickeln? In Richtung eines unsympathischen, unfreundlichen Menschen? Das kann ja nicht das Ziel sein.
Das gibt ihr doch einen großartigen Ausgangspunkt für eine Entwicklung, oder nicht? Wenn sie gleich nett und freundlich wäre, wohin soll sie sich dann entwickeln? In Richtung eines unsympathischen, unfreundlichen Menschen? Das kann ja nicht das Ziel sein.
Re: Charakterentwicklung
Vielleicht ist Charakterentwicklung das Schwierigste überhaupt. Und das, wo das Handwerk am wenigsten hilft. Denn eine gute Charakterentwicklung innerhalb des Romans hat viel mit Psychologie zu tun. Also muss ich als Autorin mich damit auskennen, wenn das glaubhaft werden soll. Wenn ich eine Figur etwas tun lasse (oder auch nicht), dann muss das psychologisch logisch sein. Klingt ein bisschen doppelt gemoppelt , aber wie kann man das besser ausdrücken?
Was mich an Büchern, die mir nicht so gefallen haben, immer ärgert, ist, dass eine Figur etwas tut, aber es ist weit und breit kein Grund zu sehen, warum sie das tut. Sie tut es einfach. Meistens, weil sie oberflächlich ist und nicht darüber nachdenkt. Das ärgert mich dann besonders, wenn eine Geschichte gut angefangen hat, wenn es eine gute Idee gibt, eine gute Prämisse und vielleicht sogar halbwegs sympathische Figuren. Dann erwartet man gewisse Dinge und wird enttäuscht, weil die Figur, die so vielversprechend angelegt war, sich als höchst langweilig, uninteressant und gedankenlos entpuppt.
In meinen eigenen Büchern möchte ich das zwar besser machen, aber ich weiß nicht, ob mir das gelingt. Speziell in diesem LLP-Roman hier habe ich da so meine Zweifel, das habe ich ja schön öfter gesagt.
Was mich an Büchern, die mir nicht so gefallen haben, immer ärgert, ist, dass eine Figur etwas tut, aber es ist weit und breit kein Grund zu sehen, warum sie das tut. Sie tut es einfach. Meistens, weil sie oberflächlich ist und nicht darüber nachdenkt. Das ärgert mich dann besonders, wenn eine Geschichte gut angefangen hat, wenn es eine gute Idee gibt, eine gute Prämisse und vielleicht sogar halbwegs sympathische Figuren. Dann erwartet man gewisse Dinge und wird enttäuscht, weil die Figur, die so vielversprechend angelegt war, sich als höchst langweilig, uninteressant und gedankenlos entpuppt.
In meinen eigenen Büchern möchte ich das zwar besser machen, aber ich weiß nicht, ob mir das gelingt. Speziell in diesem LLP-Roman hier habe ich da so meine Zweifel, das habe ich ja schön öfter gesagt.
Re: Charakterentwicklung
Das dachte ich auch. Ich wollte Cat von einer Art „einsamer Wölfin“ in eine Person verwandeln, die zu ihren eigenen Gefühlen steht, einen möglichst großen Bogen schlagen. Dabei muss sie genauso mit sich selbst kämpfen wie mit Alida. Aber die Reaktionen hier waren eher so, als ob Cat danach beurteilt würde, wie sie am Anfang ist.Kay hat geschrieben: ↑Montag 29. November 2021, 16:04Das gibt ihr doch einen großartigen Ausgangspunkt für eine Entwicklung, oder nicht? Wenn sie gleich nett und freundlich wäre, wohin soll sie sich dann entwickeln? In Richtung eines unsympathischen, unfreundlichen Menschen? Das kann ja nicht das Ziel sein.
Dabei dachte ich, ich hätte durch die Rückblende auf ihre Kindheit gezeigt, warum sie so ist. Dass sie sich nur zu schützen versucht. Weil sie eben viel gefühlvoller ist, als sie es jetzt zeigt. Damit sie daran nicht zugrunde geht, baut sie eine Mauer um sich, damit niemand wirklich an sie herankommt. Auf jeden Fall nicht an ihr tief verborgenes verletzliches Inneres.
Re: Charakterentwicklung
Die Idee ist ganz richtig, Steffi. So muss ein Charakterbogen sein. Eine Figur ist am Anfang erst einmal unfertig. Obwohl sie oftmals denkt, sie ist fertig. Cat denkt ja, sie hat einen guten Weg gefunden, mit ihrer Verletzlichkeit klarzukommen. Sie macht nach außen hin einfach auf „harter Kerl“. Und offensichtlich tut sie das so überzeugend – bzw. Du hast es so überzeugend geschrieben –, dass viele Leserinnen hier geglaubt haben, so ist sie und so bleibt sie.
Was natürlich auch damit zusammenhängt, dass die meisten Leserinnen nicht in handwerklichen Kategorien denken wie wir hier. Denn dann wäre die Erwartungshaltung eine andere, nämlich: Interessante Figur. Die kann auf keinen Fall so bleiben. Mal sehen, wohin sie sich entwickelt. Es ist eine Art Spagat. Du musst einerseits die Leserinnen am Anfang in Dein Buch hineinziehen, auf der anderen Seite Deinen Figuren, besonders Deiner Hauptfigur, aber auch noch Platz für Entwicklung lassen.
Wir haben ja schon an anderer Stelle darüber gesprochen, dass Cat am Anfang möglicherweise zu lange auf nur eine einzige Art beschrieben wird. Die Rückblende am Anfang war für mich ausreichend, um zu sehen, was Du mit der Figur erreichen willst, aber vielleicht ist das doch zu subtil. Wenn Du Cats Charakter am Anfang nur andeutest und dann direkt den Bogen anfängst, in dem sie sich entwickelt, wäre das unter Umständen besser, um den Leserinnen das zu vermitteln, was Du ihnen vermitteln willst.
Was natürlich auch damit zusammenhängt, dass die meisten Leserinnen nicht in handwerklichen Kategorien denken wie wir hier. Denn dann wäre die Erwartungshaltung eine andere, nämlich: Interessante Figur. Die kann auf keinen Fall so bleiben. Mal sehen, wohin sie sich entwickelt. Es ist eine Art Spagat. Du musst einerseits die Leserinnen am Anfang in Dein Buch hineinziehen, auf der anderen Seite Deinen Figuren, besonders Deiner Hauptfigur, aber auch noch Platz für Entwicklung lassen.
Wir haben ja schon an anderer Stelle darüber gesprochen, dass Cat am Anfang möglicherweise zu lange auf nur eine einzige Art beschrieben wird. Die Rückblende am Anfang war für mich ausreichend, um zu sehen, was Du mit der Figur erreichen willst, aber vielleicht ist das doch zu subtil. Wenn Du Cats Charakter am Anfang nur andeutest und dann direkt den Bogen anfängst, in dem sie sich entwickelt, wäre das unter Umständen besser, um den Leserinnen das zu vermitteln, was Du ihnen vermitteln willst.
Re: Charakterentwicklung
Das ist der Knackpunkt an der ganzen Geschichte, glaube ich. Wir versuchen, uns Figuren auszudenken, die in gewisser Weise schon fertig sind. Denn wir müssen uns die Geschichte ja von Anfang bin Ende überlegen, und dann sollte die Hauptfigur etwas gelernt haben. Wenn man aber nach diesem Lernprozess an den Anfang zurückgeht, müssen wir das Rad wieder zurückdrehen und die Figur erneut unfertig vorstellen. Das gelingt oft nicht. Mir jedenfalls nicht.
Re: Charakterentwicklung
Mir hilft dabei die Idee, dass die Charaktere sozusagen eine „Wunde“/Trauma haben (oder auch mehrere), die begründen, warum sie aktuell sind wie sie sind (nicht perfekt, nicht „vollständig“), warum sie keine Beziehung wollen, woraus sich auch die Konflikte bzgl. der Liebesgeschichte und auch in anderen Bereichen ergeben, und dass diese tiefe Verletzung im Laufe des Romans heilen muss und woraus sich dann auch die Charakterentwicklung ergibt.
Re: Charakterentwicklung
Die Frage für mich dabei ist immer: Was ist eine tiefe Wunde? Was ist glaubwürdig genug und doch nicht zu melodramatisch? Oftmals sind die Sachen, die mir einfallen, entweder nicht tief genug oder es ist dann gleich wieder so dramatisch oder auch schon so oft benutzt, dass ich es zu viel finde.
Re: Charakterentwicklung
Die Frage habe ich mir auch sehr lange gestellt, mich richtig gequält damit. Aber dann habe ich festgestellt, dass ich auch da zu hohe Ansprüche habe. Wie bei vielen anderen Dingen auch. Und dass ich meinen eigenen Hinweis, dass es eigentlich nichts Originelles mehr gibt, dass alles schon einmal geschrieben und gedacht wurde, nicht beachtet habe. Ich habe immer wieder versucht, mir etwas Neues auszudenken, etwas noch nie Dagewesenes. Und das ist einfach Quatsch.
Ich finde – das muss ich zugeben – die sogenannten Konflikte oder auch Wunden oder Traumata in vielen aktuellen Romanen ziemlich flach und wenig überzeugend. Warum jemand beispielsweise keine Beziehung mehr haben will und daraus sogar ein großes Drama macht. Nur weil sie einmal schief angeguckt wurde? So ähnlich kommt es mir vor. Die Charaktere, die Figuren, die sich von so etwas abhalten lassen, eine Beziehung einzugehen, oder meinen, darüber nicht hinwegkommen zu können, sind dann leider meistens genauso flach. Was zu unserem Thema Charakterentwicklung hier passt.
Wenn man den Charakter einer Figur entwickelt, wird man vermutlich schnell auf irgendetwas stoßen, was man als Problem verwenden könnte. Wenn der Charakter einer Figur aber so flach ist, dass sich da nichts entwickelt, dann wird es auch kein wirkliches Problem geben. Keinen Konflikt, keine glaubwürdige Wunde. Also denken sich die meisten Autorinnen dann irgendwelche Pseudo-Konflikte aus. Die natürlich zu dem Charakter passen. Was vermutlich auch der Grund ist, warum viele Leserinnen das akzeptieren oder sogar gut finden.
Und dabei beißt sich die Katze in den Schwanz: Wenn viele Leserinnen damit zufrieden sind, mit Pseudo-Konflikten abgespeist zu werden, mit flachen Charakteren, die sich nicht entwickeln, wenn die Leserinnen sich davon trotzdem unterhalten fühlen und diese Art Bücher gern lesen, dann ist es egal, ob wir uns hier mit Charakterentwicklung einen abbrechen. Dann reicht eben auch ein Pseudo-Konflikt wie einmal schief angeguckt worden zu sein, vollkommen aus, um ein erfolgreiches Buch zu schreiben.
Also würde ich sagen, Hanna: Mach Dir nicht zu viele Gedanken. Bei dem Resultat sind wir jetzt ja schon öfter gelandet. Wir sind oft zu anspruchsvoll, wollen viel zu anspruchsvolle Bücher schreiben. Weniger anspruchsvolle Bücher verkaufen sich aber weit besser, wenn ich mir das so anschaue.
Ich finde – das muss ich zugeben – die sogenannten Konflikte oder auch Wunden oder Traumata in vielen aktuellen Romanen ziemlich flach und wenig überzeugend. Warum jemand beispielsweise keine Beziehung mehr haben will und daraus sogar ein großes Drama macht. Nur weil sie einmal schief angeguckt wurde? So ähnlich kommt es mir vor. Die Charaktere, die Figuren, die sich von so etwas abhalten lassen, eine Beziehung einzugehen, oder meinen, darüber nicht hinwegkommen zu können, sind dann leider meistens genauso flach. Was zu unserem Thema Charakterentwicklung hier passt.
Wenn man den Charakter einer Figur entwickelt, wird man vermutlich schnell auf irgendetwas stoßen, was man als Problem verwenden könnte. Wenn der Charakter einer Figur aber so flach ist, dass sich da nichts entwickelt, dann wird es auch kein wirkliches Problem geben. Keinen Konflikt, keine glaubwürdige Wunde. Also denken sich die meisten Autorinnen dann irgendwelche Pseudo-Konflikte aus. Die natürlich zu dem Charakter passen. Was vermutlich auch der Grund ist, warum viele Leserinnen das akzeptieren oder sogar gut finden.
Und dabei beißt sich die Katze in den Schwanz: Wenn viele Leserinnen damit zufrieden sind, mit Pseudo-Konflikten abgespeist zu werden, mit flachen Charakteren, die sich nicht entwickeln, wenn die Leserinnen sich davon trotzdem unterhalten fühlen und diese Art Bücher gern lesen, dann ist es egal, ob wir uns hier mit Charakterentwicklung einen abbrechen. Dann reicht eben auch ein Pseudo-Konflikt wie einmal schief angeguckt worden zu sein, vollkommen aus, um ein erfolgreiches Buch zu schreiben.
Also würde ich sagen, Hanna: Mach Dir nicht zu viele Gedanken. Bei dem Resultat sind wir jetzt ja schon öfter gelandet. Wir sind oft zu anspruchsvoll, wollen viel zu anspruchsvolle Bücher schreiben. Weniger anspruchsvolle Bücher verkaufen sich aber weit besser, wenn ich mir das so anschaue.
Re: Charakterentwicklung
Aber was ist, wenn man keine solche anspruchslosen Bücher schreiben will (oder kann)? Da beißt sich die Katze wirklich in den Schwanz. Auch mir fallen solche Pseudo-Konflikte ein (oder ich sehe sie in Büchern, Filmen, bei Freundinnen und Freunden, Kolleginnen und Kollegen, die sich über nichts ihr ganzes Leben lang aufregen können), aber ich verwerfe sie dann, weil mir das einfach zu – wie soll ich sagen – billig erscheint. Ich sehe aber auch, dass viele Bücher mit solchen Pseudo-Konflikten und mehr als flachen Figuren gute Rezensionen erhalten. Dann bin ich immer überrascht. Aber das sind Tatsachen, denen man sich wohl nicht verschließen kann.
Deshalb bin ich allerdings doppelt froh, dass es bei el!es anders ist. Wie man schon an den Autorinnen in diesem Forum sieht, die sich Gedanken über anspruchsvolle Romane und Charakterentwicklung machen.
Deshalb bin ich allerdings doppelt froh, dass es bei el!es anders ist. Wie man schon an den Autorinnen in diesem Forum sieht, die sich Gedanken über anspruchsvolle Romane und Charakterentwicklung machen.
Re: Charakterentwicklung
Da sind wir wieder an dem Punkt, an dem ich schon einmal um Aufklärung gebeten hatte. Anspruchsvolle, tiefgründige Romane. Will die überhaupt noch jemand? Oder liegt es an etwas anderem, dass weniger anspruchsvolle Romane anscheinend beliebter sind? Sind gut entwickelte, tatsächlich konfliktbeladene Charaktere zu anstrengend? Ist deshalb Oberflächlichkeit mehr gefragt?
Re: Charakterentwicklung
Ich kann mir vorstellen, dass die meisten, die einen Liebesroman lesen, ja eher ein Bedürfnis nach etwas "Positivem" haben und deswegen auch kein Interesse an zu "schlimmen" Traumata haben, da reicht vielleicht etwas aus, mit dem sich die Leserinnen besser identifizieren können, was sie selbst in gewisser Weise eventuell sogar schon erlebt haben. Betrug, eine gescheiterte Beziehung, Konflikte mit den Eltern, Probleme am Arbeitsplatz ist für viele vielleicht greifbarer als ein tödlicher Unfall der Geliebten, der Suizid des Bruders, eine Entführung, ein Raubüberfall, Gewalt in einer Beziehung (hoffe ich zumindest mal).Ruth hat geschrieben: ↑Mittwoch 1. Dezember 2021, 13:41 Wenn man den Charakter einer Figur entwickelt, wird man vermutlich schnell auf irgendetwas stoßen, was man als Problem verwenden könnte. Wenn der Charakter einer Figur aber so flach ist, dass sich da nichts entwickelt, dann wird es auch kein wirkliches Problem geben. Keinen Konflikt, keine glaubwürdige Wunde. Also denken sich die meisten Autorinnen dann irgendwelche Pseudo-Konflikte aus. Die natürlich zu dem Charakter passen. Was vermutlich auch der Grund ist, warum viele Leserinnen das akzeptieren oder sogar gut finden.
Und dabei beißt sich die Katze in den Schwanz: Wenn viele Leserinnen damit zufrieden sind, mit Pseudo-Konflikten abgespeist zu werden, mit flachen Charakteren, die sich nicht entwickeln, wenn die Leserinnen sich davon trotzdem unterhalten fühlen und diese Art Bücher gern lesen, dann ist es egal, ob wir uns hier mit Charakterentwicklung einen abbrechen.
Und letztlich ist ja jeder Mensch anders, jede Psyche anders, und was der eine gut verträgt (vielleicht auch weil es gerade ein "guter Zeitpunkt" ist oder das soziale Umfeld trägt), löst bei dem anderen ein ernsthaftes Problem oder gar eine psychische Erkrankung aus., vielleicht auch durch Vorerfahrungen getriggert.
Aber letztlich ist es natürlich das Wichtigste, dass die Leserinnen zufrieden sind. Und 100% aller Leserinnen wird man eh nicht zufrieden stellen.
Re: Charakterentwicklung
Vielleicht ist es die Charakterentwicklung der Leserinnen, an der wir arbeiten sollten. Denn ich möchte mich beim Schreiben auch nicht langweilen. Genauso wie beim Lesen.
Als Leserin möchte ich mich einerseits mit Figuren in einem Buch identifizieren können, aber auch etwas Neues, Überraschendes darin finden.
Als Autorin merke ich, dass ich mich sofort langweile, wenn ich Dinge beschreibe, die jeder kennt. Oder die ich jeden Tag tue und erlebe. Ich möchte mich beim Schreiben auch selbst überraschen. Damit es für mich spannend bleibt.
Deshalb versuche ich, um die Ecke zu denken. Dann wird es aber meistens so kompliziert, dass ich mich völlig in irgendwelchen Entwicklungen verstricke, bei denen ich kaum weiß, ich wie ich da wieder herauskomme.
Als Leserin möchte ich mich einerseits mit Figuren in einem Buch identifizieren können, aber auch etwas Neues, Überraschendes darin finden.
Als Autorin merke ich, dass ich mich sofort langweile, wenn ich Dinge beschreibe, die jeder kennt. Oder die ich jeden Tag tue und erlebe. Ich möchte mich beim Schreiben auch selbst überraschen. Damit es für mich spannend bleibt.
Deshalb versuche ich, um die Ecke zu denken. Dann wird es aber meistens so kompliziert, dass ich mich völlig in irgendwelchen Entwicklungen verstricke, bei denen ich kaum weiß, ich wie ich da wieder herauskomme.